In den letzten vier Blogs habe ich über Argumente aus Sicht der Krisen-PR geschrieben. Wo man sie findet, was sie ausmacht und wie sie aufgebaut sind. Ich empfehle stark dazu, alle vorhergehenden Beiträge vor diesem hier zu lesen.

Copyright ©/℗ Brauer Photos / Hubert Burda Media (CC)
Die Argumente des Uli Hoeneß
Dieser Beitrag stellt eines von drei Praxis-Beispielen vor. Das erste beschäftigte sich mit Banken und Strafzahlungen, dieses hier analysiert die Argumentation von Uli Hoeneß im Frühjahr dieses Jahres und das letzte hat Roland Kochs Unterschriftensammlung im hessischen Landtagswahlkampf von 1999 zum Thema.
(Anm.: Keines der Beispiele stützt sich auf Kunden von uns – daher lassen sie auch keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Beweggründe der Akteure zu!)
Anfang 2013 tobte eine große eine große gesellschaft
liche Debatte rund um Hoeneß‘ Steuerbetrug. Dabei war aus Hoeneß‘ Sicht vor allem seine Reputation entscheidend. Die war in großer Gefahr. Denn Steuerhinterziehung führte bei allen Verdächtigen und Verurteilten der vergangenen Jahre dazu, das sie gesellschaftlich in Ungnade gefallen sind. Beispiel: Zumwinkel. Zudem stützt eine Strafe das persönliche Gerechtigkeitsempfinden des „braven Bürgers“, der schließlich seine Steuern ordentlich zahlt. Auch und gerade wenn es sich nicht um Millionenbeträge handelt.
Anders als im Bankenbeispiel war es Hoeneß nicht möglich, die Schlussregel zu verändern. Dafür vertrauen die Deutschen ihrem Rechtssystem zu stark. Daher konnte er nur an der Einschränkung und Entkräftung ansetzen.
Schritt eins: Er versuchte eine Einschränkung stark zu machen. Sinngemäß: „Er wäre ein schlechter Mensch – es sei denn, er ist nicht zurechnungsfähig.“ Also spielte er eine Karte: Spielsucht. Diese Karte spielte er oft, ließ sie oft spielen und hatte Partner in den Medien, die diese Geschichte oft wiederholt haben.
Schritt zwei: Die Entkräftung. Er begann, auch mit Fürsprechern, aus einer grundsätzlich geltenden Schlussregel „Steuerhinterzieher sind schlechte Menschen“ eine teilweise entkräftete zu machen wie „Es sei denn, sie tun sonst nur Gutes“: Überall wurden seine Spendenbereitschaft und sein wohlwollendes Verhalten Schwachen gegenüber gelobt. Es wurde herausgehoben, dass er selbst im Souvenirshop des FC Bayern mit anpackte, wenn es sein musste.
Er veränderte somit das Argument in der Öffentlichkeit, bis es geschwächt genug war, dass es ihm bei einer Rückkehr auf den Präsidentenstuhl beim FC Bayern nicht mehr im Weg stehen würde.
Uli Hoeneß hinterzog Steuern. Das ist kein Kavaliersdelikt – allerdings ist Hoeneß deshalb kein böser Mensch: Zum einen war er wohl spielsüchtig und daher nicht zurechnungsfähig, zum anderen ist er erwiesenermaßen ein wohltätiger Mensch.
Hoeneß hat versucht zu retten, was zu retten war – und es scheint ihm gelungen zu sein.