Die 36 Strategeme sind strategische Ideen, die aus der chinesischen Kriegskunst stammen. Sie sind einfache Elemente, die komplexe Strategien in Metaphern fassen. Dadurch wird es möglich, effizienter eine wirksame Strategie zu entwickeln. In unserer Blogreihe wollen wir diese Kernelemente für die Unternehmenskommunikation anwenden. So soll ein strategemisches Vokabular für PR entstehen. Die ausführlicheren Gedanken zu diesem Thema finden Sie hier. Bei den Einschätzungen handelt es sich lediglich um unsere Meinungen – wir laden herzlich zur Diskussion in den Kommentaren ein.
Will man etwas fangen, muss man es zunächst loslassen
Gegen Ende der Han-Dynastie besetzten Aufständische die Stadt Yuancheng. Der Kommandant der Kaisertruppen Zhu Jun konnte die Stadt nicht zurückerobern und musste die Belagerung abbrechen. Die Aufständischen, deren Vorräte zur Neige gingen, verließen darauf die Stadt, verfolgten die Fliehenden und griffen sie an. Zhu Juns Truppen verteidigten sich, setzten aber den Rückzug fort. 20 Meilen vor der Stadt gingen sie plötzlich zum Gegenangriff über und versperrten zudem den Aufständischen durch einen Hinterhalt den Fluchtweg. So konnte Zhu Jun die Stadt einnehmen. Er hatte zunächst die Fessel der Belagerung gelöst, um sie dann mit seiner List zu schlagen.
Der Streisand-Effekt

Das Haus von ms. Streisand
Wenn unbequeme Informationen bekannt werden, versuchen Betroffene häufig, diese wieder einzufangen oder zu unterdrücken. Paradoxerweise erreichen sie dadurch das Gegenteil: Gerade der Versuch der Geheimhaltung zieht die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. So steigern sie entegen ihrer Absichten die Verbreitung der Information. Dieses Phänomen wurde nach einem Fall um die US-amerikanischen Sängerin Barbra Streisand benannt. Diese verklagte einen Fotografen, welcher ihr Anwesen im Rahmen einer Fotoserie über die Küste Kaliforniens aufgenommen hatte. Erst durch den Rechtsschritt wurde das Foto einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Weitere Beispiele für den Streisand-Effekt finden Sie hier.
In Krisensituationen sollten Sie zunächst alle relevanten Informationen zu der konkreten Situation im Krisenstab sammeln. Setzten Sie sich dann eine Linie und klären Sie bis zu diesem Punkt schonungslos auf. Bei weiteren Anfragen verweisen Sie auf Ihre erbrachte Aufklärungsarbeit und legen glaubwürdig dar, dass die Aufklärung vollständig druchgeführt wurde. So nehmen Sie den Journalisten den Wind aus den Segeln und verhindern eine langwierige Berichterstattung.
Relevanz für die Krisenkommunikation: 5/5 Informationen, die einmal an die Öffentlichkeit gelangt sind, lassen sich nicht einfach aus der Erinnerung der Menschen löschen. Stattdessen ist der richtige Umgang mit ihnen gefragt.
Das richtige Maß an Kontrolle
Als in einer Winternacht ein sowjetischer Agent die Grenze zur Volksrepublik China überquert, wird er von den Rotarmisten des Grenzschutzes entdeckt. Diese melden den Eindringling sofort weiter und bereiten sich auf die Festnahme vor. Doch zu ihrer Überraschung sollen sie den Agenten passieren lassen. Der sowjetische Spitzel wird daraufhin auf jedem seiner Schritte überwacht. Durch die Observierung deckt der chinesische Geheimdienst ein Agentennetz auf und verhaftet alle Agenten, inklusive des ursprünglichen Grenzgängers. Diese Geschichte schildert der in China bekannte Zeichner Ye Yonglie. Um einen größeren Fang zu machen, hat der Chinesische Geheimdienst den kleinen Fisch zunächst frei schwimmen lassen. Wichtig für den Erfolg dieser Operation war jedoch die durchgängige Verfolgung des sowjetischen Agenten.
In der CDU werden rechte Äußerungen durch Einzelne geduldet. So will die Partei zum einen die rechtskonservativen Wähler bedienen und zum anderen die Loyalität der einzelnen Abgeordneten sichern. Die Parteiführung lässt ihnen Freiraum, in der Erwartung, dass im Fall von wichtigen und kritischen Fragen die Reihen geschlossen bleiben. Die Abstimmungen zu den Hilfszahlungen an Griechenland haben allerdings gezeigt, wie zuviel Freiraum schaden kann. Ein ungewohnt großer Teil der Abgeordneten stand nicht hinter der Kanzlerin. Das macht einen weiteren wichtigen Aspekt des Strategems deutlich: Hat man etwas losgelassen sollte man sicher sein, die Kontrolle wiedererlangen zu können.
Relevanz für die Politik: 3/5 Eine lange Leine kann in vielen Situationen von Vorteil sein. Es gilt jedoch, sie nicht reißen zu lassen.
Corporate Argumentation
In Christopher Nolans Blockbuster „Inception“ tauchen die Protagonisten für das Einpflanzen eines Gedankens tief in das Innere ihrer Zielperson ein. Über den Traum des Traumes vom Traum, Schießereien und stürzende Autos nehmen sie die Zielperson gefangen und versuchen so Einfluss auf ihre Handlung zu nehmen. Wir halten großkalibrige Handfeuerwaffen für überflüssig und schlagen das Kontrastprogramm vor.
Wir sind überzeugt: Gute PR bezwingt durch Argumente. Im Rahmen unserer Arbeit proklamieren wir keine Slogans oder Catchphrases. Wir legen Informationen dar und zeigen Folgen auf. Welche Argumente es für den Erfolg der Unternehmung braucht, liefert eine sorgfältige Analyse der Situation und der Beteiligten. Die Stakeholder wollen und müssen ihre Schlüsse selbst ziehen, da sonst die Glaubwürdigkeit verloren geht. Nur so können wir sie tatsächlich überzeugen und erfolgreich mit ihnen zusammenarbeiten. Denn lässt man jemandem die Freiheit, selbst zu schlussfolgern, so kann er die neuen Argumente in Kohärenz zu seinen Grundüberzeugungen bringen. Nimmt man ihn jedoch in die Mangel, versucht ihn sozusagen mit der eigenen Ansicht gefangen zu nehmen, fühlt er sich eingeengt und der Konflikt ist vorprogrammiert.
Relevanz für die Unternehmenskommunikation: 5/5 Lesen Sie in dem Leitartikel des Pressesprechers Argumentation schägt One-Voice mehr über unsere Arbeitsweise.
Fazit
Wie bei allen Strategemen gilt es auch hier, das übergeordnete Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Hinterfragen Sie ihren ersten Impuls und überprüfen Sie jede Maßnahme darauf, ob sie wirklich zielführend ist. In unserer Welt lassen sich die Dinge nicht absolut kontrollieren. Wer es dennoch versucht, wird zum Scheitern verurteilt sein oder zumindest sein Potenzial nicht ausschöpfen können. Wer es jedoch versteht, dem Gegenüber und den Dingen ihren angemessenen Raum zu geben, wird einerseits Kraft sparen und langfristig mehr aus seinen Möglichkeiten herausholen.